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veranstaltung
Von27.03.2019
Bis29.03.2019
OrtUniversität Paderborn
VonYvonne Ilg
Beschreibung

Tagung des DFG-Netzwerks >Linguistik und Medizin<, www.linguistik-medizin.net

Call for Papers, Einreichefrist: 01. Oktober 2018

Körperliche wie seelische Gesundheit ist ein hohes individuelles und gesellschaftliches Gut und Grundrecht. Häufig wird die Gesundheit durch ihr Gegenteil, d.h. in der Verständigung über Krankheit, thematisiert. Der gesellschaftliche Austausch über Krankheiten, Gesundheitsrisiken und Behandlungsmethoden findet in öffentlichen Diskursen statt und ist somit untrennbar mit Sprache verknüpft. Die Sprache ist „[…] das zentrale Medium, um medizinisches Wissen herzustellen, zu systematisieren, zu tradieren und auszutauschen.“ (Busch/Spranz-Fogasy 2015a: 336).

Die sprachlich-interaktive Konstruktion medizinischen Wissens erweist sich sowohl in medizinisch-therapeutischen Gesprächen als auch in massenmedialen und digitalen Kontexten als konstitutiv für das gesellschaftliche Verständnis von Medizin und die wechselseitige Verständigung zwischen Arzt und Patient: Hier manifestieren sich mannigfaltige Verschränkungen von Fach- und Laienwissen, von unterschiedlichen Lebens- und Erfahrungsbereichen, und es werden interaktive Hürden und Aushandlungsstrategien sichtbar. Auf dem Gebiet der Arzt-Patienten-Kommunikation und in öffentlichen und fachlichen Diskursen zu diesen Themen ist z. B. relevant, wie sich therapeutisch-fachliche von alltagsweltlichen Sprachhandlungen unterscheiden; welche Bereiche der Interaktion bei therapeutischen Settings sprachlich begleitet werden und welche nicht; wie der kommunikative Austausch und die Wissensvermittlung in den traditionellen und digitalen Massenmedien, Gesundheitsforen und -blogs aus diachroner und synchroner Perspektive aussehen; oder schließlich welche Interessen im Kontext von Themen rund um Gesundheit und Krankheit in Gesprächen und Diskursen ausgehandelt werden. Dieses unmittelbare oder (massen)mediale Aushandeln von gesundheitsbezogenem und gesundheitsrelevantem Wissen wird in medizinischen Kontexten zu einer komplexen Herausforderung. Die Beteiligten bringen unterschiedliche Wissensbestände, kulturelle Hintergründe, Normvorstellungen und subjektive wie auch fachliche Theorien von Gesundheit und Krankheit mit.

Das DFG-Netzwerk >Linguistik und Medizin< wurde gegründet, um die Forschungstätigkeiten der verschiedenen linguistischen Disziplinen, die an den Verbindungslinien von „Sprache – Wissen – Medizin“ arbeiten, zu bündeln, um Ergebnisse aus Gesprächs-, Diskurs- und Korpuslinguistik zum Themenfeld „Linguistik und Medizin“ zusammenzubringen und Schnittstellen und Forschungsdesiderate, die sich daraus ergeben, zu erschließen. Auf dieser Basis soll die interdisziplinäre Anschlussfähigkeit zwischen linguistischen und medizinischen, psychiatrischen sowie salutogenetischen Forschungsbereichen auf- und ausgebaut werden.

Zum Abschluss der ersten Vernetzungsphase lädt das Netzwerk einschlägig forschende Wissenschaftler*innen sowie Expert*innen aus der medizinisch-therapeutischen Praxis zum Austausch ein. Insbesondere sind Linguist*innen angesprochen, die sowohl an einem innerfachlichen – zwischen Diskurs-, Gesprächs- und Korpuslinguistik – als auch interdisziplinären Austausch interessiert sind und Wissenschaftler*innen aus Medizin, Psychologie und angrenzenden Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften, die zu den in den Panels angesprochenen Themen arbeiten.

Auf der Tagung sind vertiefende Panels zu ausgewählten Themen geplant, anhand derer verschiedene methodische und fachliche Zugänge diskutiert werden sollen. Vorträge und Poster zu folgenden Aspekten der sich sprachlich manifestierenden Wissenskonstitution, -transformation und -vermittlung sind insbesondere willkommen:

1) Konstituierung von Ätiologie und Verantwortung für die eigene Gesundheit/Krankheit

Sowohl in der Arzt-Patienten-Kommunikation als auch in öffentlichen Diskursen ist das Sprechen über Verantwortung für Gesundheit und Krankheit eine wichtige inhaltliche Kategorie. Verantwortung ist ein Konzept, in dem sich viele gesundheitsbezogene Themen bündeln, wie z.B. die Rolle der Ärzt*innen/Betroffenen/Gesellschaft/des Umfeldes bei der Ursache-Wirkung-Konstruktion verschiedener Krankheitsbilder; die Form und Rolle von Schuld- und Schamdiskursen; die Frage nach Agency vs. Compliance sowie danach, welche deontischen Handlungen (z.B. Empfehlung, Angebot, Ratschlag) wann und von wem vorgenommen werden.

2) Spezifik von Sprach-/Diskurshandlungen in medizinisch-therapeutischen Zusammenhängen

Texte/Gespräche sind Ausdruck einerseits von routinierten, in sozialen Kontexten erworbenen sprachlichen und nicht-sprachlichen Handlungen, andererseits sind sie von spezifischen kontextbezogenen Aufgaben und daran angepassten sprachlich-kommunikativen Lösungen geprägt. Wie vollzieht sich das Aushandeln von Mustern, Rollen und Sachverhalten im Wechselspiel zwischen Muster und Abweichung, Typischem und Individuellem; wie kann dieses Wissen für die medizinische Praxis genutzt werden?

3) Wechselwirkungen zwischen öffentlicher Kommunikation, subjektiven und fachlichen Krankheitstheorien

Subjektive Krankheitstheorien widersprechen teilweise fachlichen Diskursen, werden durch sie aber auch beeinflusst. Zugleich prägen medial-öffentliche Diskurse (z.B. über HIV/Aids, Burnout, Krebs) subjektive wie auch gesamtgesellschaftliche Wissensbestände zu spezifischen Krankheitsbildern maßgeblich mit. Beide Prozesse verändern medizinische Wissensinhalte und haben Auswirkungen auf die medizinische Praxis, etwa bezüglich der Akzeptanz bestimmter Behandlungs- und Therapieformen. In diesem Kontext ist nach entsprechenden Wechselwirkungen und der diskursiven Konstituierung medizinischen Wissens, z.B. anhand medialer Darstellungen typischer Patient*innen, zu fragen; nach Kollisionen fachlicher und allgemeiner Wissensbestände, z.B. bei alltagssprachlichen Pejorisierungen von Diagnosetermini wie schizophren; oder dem Einfluss der zunehmenden Medikalisierung medialer Diskurse.

4) ›Gesundheit‹/›Krankheit‹ und gesellschaftliche wie auch fachliche Vorstellungen von ›Normalität‹

In gesellschaftlichen Diskursen über Erkrankungen sowie in Gesprächen mit medizinischen Akteur*innen wird sprachlich-interaktiv ausgehandelt, was als krankhaft zu werten ist bzw. was als normal gilt. Normalität erweist sich als Vergleichsfolie, vor deren Hintergrund die Grenzen von Erkrankungen ex negativo abgesteckt und Erkrankte entsprechend positioniert werden. Normalität ist nicht nur ein relationales Konzept, sondern auch ein Attribut, das Individuen, der Gesellschaft oder Ereignissen/Situationen zugeschrieben werden kann (so z.B. das ‚normale’ Verhaltensmuster nach einem Trauerfall/‚normale’ Erschöpfung nach der Arbeit). Dazu stellen sich etwa die folgenden Fragen: Wird Normalität explizit oder implizit aufgerufen? Wie wird sie in Texten und Gesprächen ausgehandelt? Welche Funktionen erfüllen Verfahren der Relevanzsetzung von Normalität und Normalisierung in verschiedenen Text- und Gesprächssorten? Man denke hierbei an Arzt-Patient-Gespräche über (un)auffällige Befunde oder die öffentlich-diskursive Aushandlung, ob Beschwerden als krankheitswertig gelten oder nicht.

Einreichungen

Abstracts bitte mit der Angabe der gewünschten Panel-Zuordnung an: linguistik.medizin_at_gmx.de Umfang: 300 Wörter + Literatur

Dateiformat: Word- und PDF-Dokument

Einreichfrist: 01. Oktober 2018

Rückmeldungen über die Aufnahme bis: 20. Dezember 2018

Literatur (Auswahl)

Birkner, Karin (2006): Subjektive Krankheitstheorien im Gespräch, in: Gesprächsforschung – Online-Zeitschrift zur verbalen Interaktion, Band 7, 2006, S. 152 -183 (Siehe online unter http://www.gespraechsforschung-ozs.de/heft2006/ga-birkner.pdf).

Busch, Albert/Spranz-Fogasy, Thomas (2015a): Sprache in der Medizin. In: Felder, Ekkehard/Gardt, Andreas (Hrsg.): Handbuch Sprache und Wissen. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 335-357 (Handbücher Sprachwissen 1).

Busch, Albert/Spranz-Fogasy, Thomas (Hrsg.) (2015b): Handbuch “Sprache in der Medizin”. Berlin/Boston: de Gruyter Mouton (Handbücher Sprachwissen, Bd. 11).

Felder, Ekkehard (2012): Pragma-semiotische Textarbeit und der hermeneutische Nutzen von Korpusanalysen für die linguistische Mediendiskursanalyse. In: Felder, Ekkehard/Müller, Marcus/Vogel, Friedemann (Hrsg.): Korpuspragmatik. Thematische Korpora als Basis diskurslinguistischer Analysen. Berlin/New York: de Gruyter, S. 115-174 (Linguistik – Impulse und Tendenzen, Bd. 44).

Felder, Ekkehard (2013): Faktizitätsherstellung mittels handlungsleitender Konzepte und agonaler Zentren. In Felder, Ekkehard (Hrsg.): Faktizitätsherstellung in Diskursen. Die Macht des Deklarativen. Berlin/New York: de Gruyter, S. 13-28 (Sprache und Wissen, Bd. 13).

Liebert, Wolf-Andreas (2002): Wissenstransformationen. Handlungssemantische Analysen von Wissenschafts- und Vermittlungstexten. Berlin/New York: de Gruyter (Studia Linguistica Germanica 63).

Löning, Petra/Rehbein, Jochen (Hrsg.) (1993): Arzt-Patienten-Kommunikation. Analysen zu interdisziplinären Problemen des medizinischen Diskurses. Berlin u.a.: de Gruyter.

Nowak, Peter (2010): Eine Systematik der Arzt-Patient-Interaktion. Systemtheoretische Grundlagen, qualitative Synthesemethodik und diskursanalytische Ergebnisse zum sprachlichen Handeln von Ärztinnen und Ärzten. Frankfurt/Main: Lang.

Schuster, Britt-Marie (2010): Auf dem Weg zur Fachsprache: Sprachliche Professionalisierung in der psychiatrischen Schreibpraxis (1800 – 1939). Berlin/New York: De Gruyter (Germanistische Linguistik, Bd. 286).

Spieß, Constanze (2011): Diskurshandlungen. Theorie und Methode linguistischer Diskursanalyse am Beispiel der Bioethikdebatte. Berlin/New York: de Gruyter (Sprache und Wissen Band 7).

KULI – Kulturbezogene und kulturanalytische Linguistik


Das Netzwerk

Ziel des Netzwerkes „KULI – Kulturbezogene und kulturanalytische Linguistik” ist es, Forschende miteinander zu verbinden, gegenseitig bekannt zu machen und zum Austausch untereinander anzuregen,

  • die sich in empirischen Untersuchungen mit dem Zusammenhang von Sprachgebrauch und Kultur beschäftigen,
  • die Sprache theoretisch als Kulturphänomen betrachten,
  • die sich für eine kulturbezogene Linguistik einsetzen,
  • die sich in der kulturanalytischen Linguistik oder einem anderen kulturbezogenen linguistischen Ansatz verorten,
  • die an einem transdisziplinären “kulturwissenschaftlichen” Austausch interessiert sind.

Wenn Sie sich zu diesen Forschenden zählen, freuen wir uns, wenn Sie Mitglied des Netzwerkes werden! Bitte schreiben Sie eine Nachricht an eine der unterzeichnenden Personen.

Viertes Netzwerk-Treffen ("KULI 4")

Am 2. und 3. September 2024 findet die KULI-4-Tagung an der Universität Zürich statt!

Hier der Call for Papers:

Call zur vierten Tagung des Netzwerks KULI – Kulturbezogene und kulturanalytische Linguistik (KULI 4) in Zürich, 2.-3. September 2024

Start der Tagung am Montag, 2. September ca. um 13 Uhr, Ende am Dienstag, 3. September ca. um 16 Uhr

Thema: Kulturlinguistik und Soziolinguistik – Wahlverwandtschaft oder Teil eines Ganzen?

In den letzten Jahrzehnten haben Kulturlinguistik, kulturanalytische Linguistik beziehungsweise linguistische Kulturanalyse Eingang gefunden in das wissenschaftliche Selbstverständnis der germanistischen Sprachwissenschaft (Günthner/Linke 2006; Schröter et al. 2019; Bubenhofer et al. 2021). Gleichzeitig zeigt sich vor allem in der sogenannten dritten Welle der Soziolinguistik und dabei insbesondere bei ethnographisch orientierten Studien ein deutliches Interesse an Kulturellem und an Praktiken und den Vorgängen der Herstellung von Sinn. Die Tagung befasst sich daher übergreifend mit der Frage, was Kulturlinguistik und Soziolinguistik gemeinsam ist, was sie möglicherweise unterscheidet und ob eine disziplinäre Abgrenzung überhaupt möglich oder notwendig ist (vgl. Spitzmüller 2022, Kap. 2.4).

Ziel des Netzwerkes „KULI – Kulturbezogene und kulturanalytische Linguistik” ist es, Forschende miteinander zu verbinden, gegenseitig bekannt zu machen und zum Austausch untereinander anzuregen. Aus diesem Grund begrüssen wir sowohl empirisch als auch theoretisch ausgerichtete Beiträge aus dem breiten Spektrum von Kulturlinguistik und Soziolinguistik. Erwünscht ist dabei eine kurze Reflexion über eigene theoretisch-methodische Verortungsoptionen. Bevorzugte Themen sind dabei, insbesondere in Bezug auf Praktiken, Muster und Routinen:

  • Körperlichkeit
  • Räumlichkeit
  • Zeitlichkeit
  • Historizität
  • Digitalität
  • Zugehörigkeiten
  • Medien
  • Politik

Vorschläge können für zwei Formate eingereicht werden:

  1. 20-minütige Themenvorträge (+ 10 Minuten Diskussion)
  2. 20-minütige Projektvorschläge

Ein Abstract (max. 300 Wörter inkl. Literaturangaben) wird erbeten bis spätestens 3. März 2024 zuhanden von Noah Bubenhofer an Béatrice Fleiner (beatrice.fleiner@ds.uzh.ch).

Organisations- und Programmkommittee der KULI 4:

  • Noah Bubenhofer
  • Stefan Hauser
  • Daniel Knuchel
  • Larissa Schüller
  • Livia Sutter
  • Susanne Tienken

Bibliographie:

Bubenhofer, Noah/Knuchel, Daniel/Schüller, Larissa (Hrsg.) (2021): Kulturlinguistik in der Schweiz. In: Germanistik in der Schweiz, Sonderheft “Kulturlinguistik” 18.

Günthner, Susanne/Linke, Angelika (Hrsg.): Themenschwerpunkt Linguistik und Kulturanalyse. (Zeitschrift für germanistische Linguistik 34 ), 2006.

Schröter, Juliane/Tienken, Susanne/Ilg, Yvonne/Scharloth, Joachim/Bubenhofer, Noah (Hrsg.)(2019): Linguistische Kulturanalyse. Berlin, Boston: de Gruyter (= RGL 314).

Spitzmüller, Jürgen (2022): Soziolinguistik. Eine Einführung. Heidelberg: J. B. Metzler.

Drittes Netzwerk-Treffen ("KULI 3")

Vom 30.06. bis zum 02.07.2022 fand - nach coronabedingten Verzögerungen - eine KULI-Tagung an der Université de Genève statt. Diesmal gab es ein Rahmenthema: «Kulturell konstruktiv. Sprachtheoretische Perspektiven der Kulturlinguistik». Organisiert wurde die Tagung von Anna Pfäffle, Adelheid Wibel und Juliane Schröter.

Das Programm finden Sie/findet ihr hier

Zweites Netzwerk-Treffen ("KULI 2")

Vom 30.08. bis zum 01.09.2018 trafen sich die KULI-Mitglieder zum zweiten Netzwerk-Treffen an der Universität Basel in der Schweiz. Das Treffen zielte auf die Fortsetzung des Austauschs und die Konsolidierung des Netzwerks. Organisiert wurde das Treffen von Martin Luginbühl zusammen mit Juliane Schröter und Susanne Tienken.

Das Programm von KULI 2 ist hier zu finden. Die Folien, die zum Abschluss von KULI 2 vorgestellt wurden, kann man hier herunterladen.

Erstes Netzwerk-Treffen ("KULI 1")

Das erste Netzwerk-Treffen hat vom 14.01. bis zum 16.01.2016 an der Universität Stockholm in Schweden stattgefunden. Es sollte zum einen dazu dienen, dass sich die Mitglieder des Netzwerks persönlich und wissenschaftlich kennen lernen, zum anderen dazu, gemeinsam die weiteren Aktivitäten des Netzwerks zu entwerfen.

Das Programm von KULI 1 finden Sie hier. Die schriftliche Version der vorläufigen Positionsbestimmung, die zum Abschluss von KULI 1 vorgestellt wurde, ist hier verfügbar.

start.1704842170.txt.gz · Last modified: 2024/01/10 00:16 by Noah Bubenhofer